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Nahe des Ortszentrums von Puchberg steht am Fuß des Granatzbühels in etwa 600 m Seehöhe am Hengstbach die seit Ende 2008 unter Denkmalschutz stehende „Schneeberger Sägemühle“ (Soog am großen Soogriegel) mit ihrem „Venezianischen Gatter“. Die letzte, weitgehend im Originalzustand erhaltene Sägemühle der Region.
Seit jeher verstanden es hier die Bauern, den Waldreichtum des Schneeberglandes wirtschaftlich zu nutzen. Holzbringung und Holzverarbeitung bildeten die Grundlage für einen bescheidenen Wohlstand, garantierte doch die gute Qualität des – durch kargen Boden und raues Klima bedingt – langsamwüchsigen Holzes den Absatz bis nach Wien. Bau- und Tischlerholz erzeugte man vier Jahrhunderte lang in Brettersägen, betrieben von der Kraft der wasserreichen Bäche des Tales.Um 1900 zählte man in Raum Puchberg an die vierzig solcher Sägemühlen. Im 20. Jhdt. machten das wirtschaftliche Umfeld und die technische Entwicklung den Betrieb dieser vielen kleinen Brettersägen unrentabel. Sie wurden aufgelassen, verfielen und wurden schließlich abgerissen. Nur die „Schneeberger Säge“ konnte dank der Initiative und des unermüdlichen und selbstlosen Einsatzes des Vereines „Gemeinschaft der Freunde der Schneeberger Säge“ erhalten werden.Urkundlich genannt wird die „Schneeberger Säge“ erstmals 1631 als „in der Furttaw ain Saag, derselben seynd 5 Besitzer“. Man kann also annehmen, dass die Brettermühle mit „Venezianischem Gatter“ knapp nach 1600 erbaut wurde, angetrieben von einem oberschlächtigen Wasserrad.Allgemein wurde dabei damals eine technische Innovation aufgegriffen, die Leonardo da Vinci (1452 – 1519) mit der Konstruktion des Prototyps einer Sägemühle ausgelöst hatte, aber stark abgeändert wurde. Dabei wird nicht in alter Weise das Sägeblatt zum Stamm (auch Bloch genannt) geführt, sondern der Stamm wird auf dem „Sägewagen” mit langsamem Vorschub an das Sägeblatt gedrückt. Das Sägeblatt ist in ein „Gatter“ (Holzrahmen) gespannt, das durch ein ausgeklügeltes Zahnrad-Hebel-Kurbelsystem auf- und abbewegt wird, das gleichzeitig auch den Sägewagen steuert. Dieses wird von einem Wasserrad angetrieben, dessen Achse – der Grindelbaum – die Kraftübertragung zu den hölzernen Zahnrädern übernimmt. In den großen Waldbesitzungen Venedigs wurde dieser neue Typus eines Sägewerks erprobt und verbreitete sich bald im ganzen Alpenraum. Ab dem 19. Jhdt. bezeichnete man diese Einblattsägen volkstümlich als „Venezianer-Gatter“. Tatsächlich unterscheiden sich die echten Venezianer-Gatter von den in unserem Bereich gebauten Typ der „Augsburger Säge“ in einigen technischen Details.
Bis 1965 wurde die „Schneeberger Säge“ mit Wasserkraft betrieben, zuerst von den Besitzern selbst an vereinbarten Sägetagen, bald aber von einem bezahlten Sägemeister („Sagler“), der in dem kleinen Saglerhaus neben der „Soog“ wohnte. Die Erlaubnis (Gewährsrenovation) der Gutsherren im nahen Stixenstein wurde jährlich für ein bis zwei Gulden erteilt. Bis zur endgültigen Stilllegung 1974 betrieb man die Säge mit einem Dieselmotor. Danach überließ man sie dem Verfall.Der 1997 gegründete Verein „Gemeinschaft der Freunde der Schneeberger Säge“ setzte sich deren Wiederinstandsetzung und Erhaltung zum Ziel.Von den an dem Projekt interessierten Miteigentümern der Säge erfolgte die Schenkung an den Verein, ein Stück Grund musste auf Darlehensbasis zugekauft werden, juristische und finanzielle Schwierigkeiten verzögerten das Vorhaben enorm. Dennoch gelang durch den unermüdlichen und unentgeltlichen Arbeitseinsatz einiger Vereinsmitglieder, durch Mitgliedsbeiträge und durch die Unterstützung verständnisvoller Sponsoren die Revitalisierung bis zur Funktionsfähigkeit.Dieses wertvolle Kulturdenkmal bäuerlicher Herkunft, ein niederösterreichisches Kleinod, beweist als Bindeglied zwischen der Zeit des Dreißigjährigen Krieges und dem 21. Jahrhundert seine überregionale historische Bedeutung. Gleichzeitig ist die Sägemühle ein Stück unserer kulturellen Identität im Schneeberggebiet.
Und sie bewegt sich doch!
Entgegen der früheren allgemeinen Ansicht, die Substanz der Säge sei derart reduziert, dass sie nicht mehr betriebsbereit gemacht werden könne, ist es dem Verein „Gemeinschaft der Freunde der Schneeberger Säge“ – dem alleinigen Besitzer der Säge und des umliegenden Grundstückes – nach einigen Jahren harter Arbeit dennoch gelungen, mit der historische Säge den Probebetrieb aufzunehmen.Dies war nur durch außergewöhnlich hohen Sachspenden einiger weniger Firmen und Privatpersonen, durch die Abhaltung von Benefizkonzerten, durch Mittel der Niederösterreichischen Dorf- & Stadterneuerung, des Bundesdenkmalamtes, des Landes NÖ, sowie durch Subventionen unserer Gemeinde möglich. Weiters natürlich auch durch die beträchtlichen Spenden diverser Sponsoren und Vereinsmitglieder. Ebenfalls zu erwähnen sind noch die tausenden kostenlosen Arbeitsstunden einiger Vereinsmitglieder.Im September 2006 wurde unter dem Ehrenschutz unseres Herrn Bürgermeisters Dir. Knabl die feierliche provisorische Inbetriebnahme der Säge im Beisein von hoher Geistlichkeit, Presse und von Vertretern aus Wirtschaft und Politik vorgenommen.
Nach umfangreichen Besichtigungen und Ermittlungen im Bundesgebiet handelt es sich bei unserem „Venezianer-Gatter“ um eine der ältesten noch weitgehend originalen Brettersägen Österreichs. Andere Sägen wurden teilweise durch Brand und diverse Einflüsse zerstört und neu aufgebaut.Im Jahre 2007 ist uns durch den Einbau diverser Sicherheitsab-grenzungen und durch die Erneuerung des bereits morschen Fußbodens gelungen, den regulären Schaubetrieb aufzunehmen.
20150114 Bezirksblätter Neunkirchen – Zeitungsartikel – Schneeberger Säge – Schausägen